fotografie / presse-archiv

Castortransport 2006 - Straßenblockade der Widerstandsgruppen
X-tausendmalquer und WiderSetzen

Dannenberg am 12./13.11.06: Nachdem der Castortransport Lüneburg erreicht hat, versammeln sich gegen Mittag TeilnehmerInnen der Widerstandsgruppen „X-tausendmalquer“ und „WiderSetzen“ auf dem Friedhofsweg in Nebenstedt in der Nähe des Verladekrans in Dannenberg, um hier sitzend die mögliche Südstrecke für den Castortransport zu blockieren. Die Polizei beobachtet das Geschehen, greift aber nicht ein. So lässt man sich auf der Straße nieder, sitzt auf mitgebrachten Strohkissen, schützt sich mit Planen gegen immer wieder aufkommenden Regen und kalten Wind, lässt sich von den Trommelrhythmen des „Sondereinsatzkommandos“ erwärmen, tanzt dazu, sieht und hört einem Jongleur und Geschichtenerzähler zu, singt gemeinsam Widerstandslieder, kurzum man vertreibt sich bei bester Laune die vor einem liegende lange Zeit. Zwischendurch tagt der SprecherInnenrat, um das weitere Vorgehen zu beschließen. Dann wiederum werden neu Hinzugekommenen in Bezugsgruppen vermittelt.

Am Nachmittag, ganz pötzlich ein überraschender Aufbruch: Eine Gruppe von einigen hundert DemonstrantInnen macht sich auf den Weg und überquert in breiter Front laufend zwei Äcker in Richtung B 191, der möglichen Nordstrecke des Castortransportes. Große Überraschung bei der Polizei, die versucht, die DemonstrantInnen aufzuhalten. Vergeblich, innerhalb kürzester Zeit ist die Straße besetzt. Auf beiden Strecken befinden sich nun ungefährt jeweils 400 Personen. Dann wieder das gleiche Geschehen wie oben beschrieben: Sich die lange Zeit und die Kälte vertreiben. Zwischendurch Ansagen von Jochen Stay (X-tausendmalquer) über bekannt gewordene gelungene Aktionen und allgemeiner Jubel. Dann verteilt ein Einheimischer Äpfel, warme Suppe wird gereicht, von einer großen Rolle werden Schutzplanen zugeschnitten.

Irgendwann - es ist schon dunkel - taucht, fast unbemerkt, Reinhard Bütikofer (Grüne) auf, setzt sich zwischen die DemonstrantInnen und ist viel mit seinem Mobiltelefon beschäftigt. Ungefährt fünf Stunden hält er es dort aus, spricht zwischendurch mit Jochen Stay und ist, als die Räumung beginnt , verschwunden. Später in der Nacht kommt von Jochen Stay die Durchsage, ganz in der Nähe hätten sich unter der B 191 Leute angekettet. Fototermin dort. Die Polizei verhält sich restriktiv gegenüber der Presse. Man kann nicht viel sehen. Die Lage: In einem etwa 50 m langen Düker, welcher diagonal die Straße kreuzt, befinden sich zwei Frauen und zwei Männer, die sich dort angekettet haben. Nach einiger Zeit des Verhandelns geben die Vier auf. Die beiden Frauen erscheinen kurz darauf bei der Sitzblockade von X-tausendmalquer und WiderSetzen und werden von Jochen Stay per Megafon interviewt. Beifall von den Anwesenden. So kriecht die Nacht langsam voran.

Nach Mitternacht wird es hektischer. Polizeiautos nähern sich. Die Blockade wird umstellt. Der Einsatzleiter der Polizei erklärt die Versammlung für aufgelöst und fordert die DemonstrantInnen auf, über einen geöffneten Fluchtweg in Polizeibegleitungen die Straße in Richtung Dannenberg zu verlassen. Anderenfalls würden sie in Gewahrsam genommen. Neben der Straße hat die Polizei mittels Absperrgittern ein Areal abgetrennt. Nur ganz wenige kommen der Aufforderung nach und verlassen die Blockade. Die anderen bleiben gelassen. Man fühlt sich in den Gruppen sicher und außerdem ist da ja auch viel Öffentlichkeit. Gegen zwei Uhr beginnt die Räumung. Sie verläuft – hier geben wir Polizeichef Niehörster Recht - „passiv, friedlich, unaufgeregt“. Die DemonstrantInnen werden von der Straße getragen und in das abgegrenzte Areal verbracht. Dort müssen sie bleiben, bis der Castortransport das Zwischenlager erreicht hat.

Da es eine lange vorher öffentlich als friedlich und gewaltfrei angekündigte Blockadeaktion war, ist es klar, dass sich die Aufmerksamkeit der Presse auf dieses Ereignis fokussieren würde. Es ist daher anzunehmen, dass die zur Räumung der Blockade eingesetzte Polizeieinheit gut vorbereitet in ihren Einsatz ging. Jedenfalls wurden die vielen anwesenden Pressefotografen mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, während sie in dem Räumungsgeschehen ihre Fotos machten. Unter den Augen der Öffentlichkeit gaben sich die Beamten alle Mühe, die auf der Straße sitzenden Personen möglichst ohne Einsatz von Zwangsmitteln wegzutragen. Eine schweißtreibende Tätigkeit, die einzelnen Beamten wohl auf die Nerven ging, wenn DemonstrantInnen sich aneinander klammerten, um ihre Räumung zu erschwerden. Dann kam es , wie unten fotografisch dokumentiert, unter anderem auch zu Fußtritten der Polizei gegen DemonstrantInnen.

Ein kommentierender Nachsatz sei an dieser Stelle noch gestattet: Alle Medien haben ihn verbreitet, nämlich den Satz des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU), es habe bei diesem Castortransport 700 bis 800 gewaltbereite DemonstrantInnen gegeben. Dieser Aussage müssen wir nach unseren Eindrücken energisch widersprechen. Hier handelt es sich offensichtlich um die übliche, bei Schünemann hinreichend bekannte Polarisierungs- und Scharfmacherrethorik.

Weitere Fotoberichte:
6000 bei Auftaktdemonstration in Gorleben

Fahrradrallye vom Verladekran in Dannenberg nach Gorleben und "Stuhlprobe"

Ankettaktion unter der B 191



1 Sitzblockade mit "Sondereinsatzkommando"

2 Junge und jung Gebliebene im Widerstand vereint

3 SprecherInnenrat

4 Jongleur und Geschichtenerzähler

5 Überraschungscoup

6 Überrumpelte Polizei

7 Die B 191 gehört uns

8 Beobachtung aus der Luft

9 Sitzende Vereinnahmung der Straße

10 Gemeinsames Singen von Widerstandsliedern

11 Ruhebedürfnis

12 Zeitvertreib

13

14 Jonglierkünste

15 Warmhalten ist wichtig

16 Nachschub an Strohsitzsäcken

17 Polizeiliche Ausleuchtung des besetzten Ortes

18 Gute Stimmung unter Planen

19 Großflächiger Planenschutz gegen Nässe und Kälte

20 Warten auf die Räumung

21

22

23

24 Trommeln gegen Kälte und das lange Warten

25 Sich warm tanzen

26 Jonglieren mit leuchtenden Kugeln

27 Austeilen von warmer Suppe

28 Jochen Stay erfährt Neuigkeiten

29 Reinhard Bütikofer auf der Straße sitzend

30 Reinhard Bütikofer im Gespräch mit Jochen Stay

31 Die Clownsarmy wacht über die Schlafenden.

32 Drei Aufpasser

33 Polizeiliche Vorschläge zur sanften Räumung

34 "Ein Lächeln wird sie besiegen"

35

36

37 Sie wollen unzertrennlich bleiben.

38 Jochen Stay lässt sich wegtragen.

39 Wer sich nicht trennen will, dem drohen Zwangsmaßnahmen.

40 Gewaltsame Trennung per Fußtritt

41 Gewaltsame Trennung per Fußtritt

42 Empörung und lautstarker Protest der Umsitzenden

43 Geschickt abgeschirmte Tortur: Foto durch Polizistenbeine

44 Gut gelaunt im Gewahrsam


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